Restart – aber richtig!

Das Scheitern gehört zum Unternehmersein dazu: 70-90% aller Start-ups überstehen die ersten drei Jahre nach ihrer Gründung nicht, Unternehmen gehen aus verschiedensten Gründen insolvent, müssen liquidieren oder werden zwangsweise von einem Investor oder Wettbewerber aufgekauft. Die Möglichkeit des Scheiterns gehört zum Unternehmersein dazu. Ist das Scheitern gleichzeitig das Ende des Unternehmerseins?

Die vielen Seriengründer bzw. Unternehmer, die nach einer Insolvenz oder nach einem Scheitern mit einem neuen Unternehmen weitermachen und damit ihrer Berufung und Leidenschaft folgen, zeigen, dass ein Scheitern nicht das Ende des Unternehmerseins bedeutet. Allerdings bedeutet Scheitern auch nicht, dass eine zweite Chance, ein zweiter Start automatisch erfolgreich sein müssen. Zwar deuten Untersuchungen und Studien darauf hin, dass sogenannte Restarter erfolgreicher sind, als Erstgründer – das bedeutet aber nicht, dass jeder Zweitgründer automatisch erfolgreich ist. Studien von Professor Patzelt an der TU München zeigen, dass Lerneffekte für Mitglieder von gescheiterten Innovationsprojekten nicht automatisch aus dieser Erfahrung lernen. Das Lernen können ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden, die eine Lernerfahrung erst möglich machen.

Fünf Faktoren für mehr Erfolg

Aus meiner Beobachtung sind dies fünf wesentliche Faktoren. Zum einen müssen Betroffene das Scheitern eines Projektes, eines Unternehmens, vielleicht auch das persönliche Scheitern erst einmal anerkennen und dann der Situation ins Auge schauen. Oft ist zu beobachten, dass betroffene Menschen versuchen eine solche Erfahrung unter den Teppich zu kehren, zu ignorieren oder so tun als wäre sie nicht eingetreten. Je nachdem wie in einem gesellschaftlichen oder unternehmerischen Umfeld mit solchen Erfahrungen umgegangen wird, ist dieses Verhalten auch zutiefst verständlich. Aber es ist der erste und wichtigste Schritt, um lernen zu können. Der zweite Schritt ist, über eine solche Erfahrung zu sprechen. Das Gespräch war schon immer die beste Therapie – „geteiltes Leid ist halbes Leid“, wie der Volksmund sagt. Und über eine Erfahrung zu sprechen bedeutet auch, und dies ist der dritte Schritt, eine Erfahrung reflektiert zu haben. In der Reflexion liegen die Erkenntnisse, die Lernmöglichkeiten, die in spätere Entscheidungen einfließen.

Hier liegt einer der größten Konflikte sowohl in Unternehmen, wie auch allgemein in unserer Gesellschaft: Einerseits lernen wir am besten aus unseren Erfahrungen, wenn wir diese mit anderen teilen und über die Reflexion und die Erkenntnisse sowohl für uns selbst wie auch anderen Lernerfahrungen ermöglichen. Andererseits tun wir in vielen Bereichen so, als dürfe es Scheitern nicht geben, stigmatisieren dies teilweise und Betroffene haben Angst auf schlechtere Karrierechancen oder gesellschaftliche Ausgrenzung.

Neben dem Anerkennen, dem Gespräch und der Reflexion gibt es noch zwei weitere Punkte, die in diesem Zusammenhang von hoher Wichtigkeit sind. Zum einen braucht die Verarbeitung einer Scheitererfahrung Zeit. Dies hat Professor Patzelt in seinen Studien klar festgestellt. Mitglieder von gescheiterten Innovationsprojekten, denen nach einer solchen Erfahrung Zeit gegeben worden ist, diese zu reflektieren und zu verarbeiten, konnten deutlich bessere Lernergebnisse aufzeigen, als Projektmitglieder, die sehr schnell wieder in neue Projekte eingebunden waren und damit keine Zeit und Ressourcen für die Verarbeitung hatten.

Der fünfte Punkt liegt im Annehmen der persönlichen Emotionen, die mit einem Scheitern in der Regel einhergehen, wie Ängste, Zweifel, Schuldgefühle, Selbstvorwürfe und ähnliches. Nimmt ein Unternehmer seine Scheitererfahrung an, lernt hierüber offen zu sprechen und Andere an seiner Erfahrung teilhaben zu lassen, nimmt er sich Zeit für die Verarbeitung und setzt sich mit den einhergehenden Emotionen auseinander, so sind die Chancen sehr gut, dass er aus einer solchen Erfahrung tatsächlich gelernt hat und bei einer Folgegründung zu einem erfolgreichen und besseren Unternehmer wird.

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